Als Berater haben Sie es immer wieder mit Menschen in Ausnahmesituationen zu tun, bedingt zum Beispiel durch materielle bzw. finanzielle Verluste, emotionale Rückschläge etwa durch Trennungen im beruflichen oder privaten Bereich oder gar körperliche Verletzungen durch Krankheiten oder Unfälle. Oft sind Sie auch Begleiter und Gestalter bei schwerwiegenden, mitunter existenziellen Entscheidungen, wie zum Beispiel bei der rechtlichen, steuerlichen und wirtschaftlichen Gestaltung von Unternehmungen oder der Konzeption von Verträgen mit weitreichenden Folgen für Ihren Mandanten.
Was dem Berater in diesen Fällen hilft und die Beratung für den Mandanten spürbar besser macht, sind Kenntnisse über die Reaktionsweisen und kognitiven Muster der Betroffenen. Je emotionaler und/oder schwerwiegender der Mandant von seinem Problem betroffen ist, desto mehr stellt sich bei ihm ein Gefühl von Hilflosigkeit ein und desto eingeschränkter ist in der Regel seine Aufnahmefähigkeit insbesondere für Fachinformationen.
Sorgen und Ängste führen zu Stress mit deutlich negativen Auswirkungen auf die Konzentrationsfähigkeit und das Gedächtnis. Verletzungen materieller, körperlicher oder seelischer Art können auch zu Defiziten in der Fähigkeit zur Selbstberuhigung führen. Hierbei gerät der Mensch in eine Dauerspannung, wodurch die ohnehin beeinträchtigte Abwehrkraft des Mandanten oft weiter geschwächt wird, in manchen Fällen allerdings auch gerade die Widerstandskraft besonders gefördert wird. Im letzteren Fall wird ein Mensch besonders stark gegen eine Ungerechtigkeit kämpfen wollen.
Was bedeutet das alles für Sie als Berater? Aus der Bindungsforschung ergibt sich, dass Berater sich in solchen Fällen zunächst um um eine mitfühlende Haltung bemühen sollten, um das Sicherheitsgefühl ihrer Mandanten zu stärken. Der Mandant will in seinem Berater einen Schutzpatron sehen, der ihm zuhört, seine wirklichen Bedürfnisse erkennt und das Gefühl von Sicherheit und Stabilität vermittelt. Wenn Sie in der Lage sind, einem Mandanten dieses Bild von Ihnen zu vermitteln, werden Sie feststellen, dass er mit Ihrer Dienstleistung zufrieden ist, selbst wenn seine Ziele nicht oder nicht vollständig erreicht werden konnten. Ein Steuerberater brachte dies neulich gegenüber „AdvoConsultants" mit folgendem Satz auf den Punkt: „Ich fühle mich mittlerweile mehr als Psychologe und Personenbeschützer".
Bei alledem sollten Berater allerdings nicht der Versuchung erliegen, den Mandanten künstlich beruhigen zu wollen. Wehren Sie nicht einfach eine Misstrauenshaltung des Klienten nach dem Motto „Wir machen das schon" ab. Mandanten haben jedenfalls bei emotional aufgeladenen Sachverhalten oft ohnehin bereits einen Kontrollverlust erlitten. Die Resilienzforschung zeigt, dass je länger psychosoziale Belastungen anhalten, umso mehr sichere Bindungen, Verlässlichkeit und Vertrauen für sie Bedeutung erlangen. Oft sind diese Ressourcen im Umfeld des Mandanten durch die belastenden Ereignisse empfindlich gestört. Daher wird er besonders im Kontakt mit dem Berater auf diese Faktoren achten, denn schließlich sitzt ihm wieder ein Mensch gegenüber, dem er vertrauen soll. Mandat kommt aus dem lateinischen „mandare“ und bedeutet nicht nur beauftragen, sondern auch anvertrauen.
Zeigen Sie Verständnis gegenüber einem solchen Misstrauen, denn es ist unter Umständen das Einzige, was der Mandant im Moment zu seiner eigenen Sicherheit zur Verfügung hat. Dies hilft dem Berater eine Haltung einzunehmen, die ein angeschlagenes Sicherheitsgefühl oder eine übertriebene Erwartungshaltung besser auffängt und den Berater nicht selbst in die „Misstrauensfalle“ des Gegenübers tappen lässt. Agieren Sie daher jedenfalls in Fällen, die aufgrund der Sach- und Rechtslage nicht glasklar zu Gunsten des Mandanten stehen, eher nach dem Motto: „Ich weiß, dass ihnen dies Sorgen oder Ängste bereitet, aber wir werden das Problem nach besten Kräften angehen“, nicht jedoch nach dem Motto: „machen sie sich mal keine Sorgen".
Denn auch wenn Sie Ihr Bestes geben, lassen sich die Vorstellungen des Mandanten leider allzu häufig nicht vollständig realisieren. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Erwartungen des Mandanten können ungerechtfertigt sein, das Gericht oder das Finanzamt können am Ende anderer Auffassung sein oder ein Verhandlungsgegner zeigt sich kompromissresistent. In diesem Kontext sehen sich Berater auch immer wieder mit dem Problem der sogenannten „Vergleichsreue“ konfrontiert. Zahllose Auseinandersetzungen in der Praxis werden gerichtlich oder außergerichtlich durch einen Vergleich geregelt. Obwohl selbstverständlich keiner dieser Vergleiche ohne die Zustimmung des Mandanten abgeschlossen wurde, kommt es regelmäßig vor, dass der Mandant im Nachhinein den Abschluss des Vergleiches als solchen oder aber in der abgeschlossenen Form bereut, wobei die Gründe hierfür unterschiedlich sein können. Entweder bedauert er, überhaupt nachgegeben und sich verglichen zu haben, oder aber er empfindet die Folgen des Vergleichs letztlich doch für zu nachteilig. Die damit einhergehende Unzufriedenheit des Mandanten kann nicht nur dazu führen, dass er künftig einen anderen Berater konsultieren wird, schlimmstenfalls macht er deswegen Haftpflichtansprüche gegen seinen Berater geltend, weil dieser vermeintlich unzureichend über die Folgen des Vergleichs aufgeklärt hat. Nicht von ungefähr zählen die Fälle der Vergleichsreue mit zu den Fallgruppen der häufigsten Haftpflichtverfahren.
Damit Ihr Mandant sich mit erreichbaren Resultaten besser arrangiert und vor allem nicht die Schuld bei Ihnen sucht, können Sie durch bestimmte Kommunikationsmuster bewirken, dass der Mandant Entwicklungen und Ergebnisse nicht nur besser akzeptiert, sondern sogar innerlich mit trägt. Die zentralen Faktoren hierbei sind Art und Weise, Verständlichkeit, Zeitpunkt und Wiederholung von Beratungsinhalten. Dies ist ein ganz entscheidender Zufriedenheitsfaktor für den Mandanten und damit zugleich ein wesentlicher Erfolgsfaktor für den Berater.
Als Resümee gilt: Geben Sie Ihrem Mandanten das Gefühl, bei Ihnen als Mensch gut aufgehoben sowie stets hinreichend und verständlich informiert bzw. beraten zu sein, wird er Ihnen unabhängig vom Erfolg umso mehr gewogen bleiben und Ihre Dienste aktiv weiter empfehlen. Dies ist etwas, dass Sie mit keinem Marketingbudget der Welt erreichen können. Verfahren Sie daher immer nach dem Leitsatz: Zuerst der Mensch!